Hallo DAN, hallo TAL,
ihr beide seid schon einige Zeit meine Schüler. Es kommt vor, dass wir uns nicht verstehen, dass wir uns gegenseitig Vorwürfe machen, dass wir streiten!
Die letzte Auseinandersetzung hatten wir am letzten Schultag im Jahr 2024, am Freitag, den 20.12.2024, Und wieder ging es um einfache, grundsätzliche Dinge. Oder vielleicht um mehr? Oder um weniger? Auch hier bin ich mir nicht sicher. Vielleicht aber ging es um alles drei? War es, um vom Unterricht abzulenken? War es um auf Konfrontation zu gehen, also um mich zu ärgern? Oder war es wirklich aus Unverständnis?
Eigentlich spielt es keine Rolle! Ich will und werde meine Schüler -oder auch Schülerinnen- immer versuchen, ernst zu nehmen! Aber ich bitte auch um Nachsicht: Ich bin vielleicht auch schon zu lange Lehrer! Es kommt immer wieder vor, dass ich die Gedanken meiner Schüler „lesen“ kann. Die einfachste Art des Gedankenlesens ist die Frage meiner Schüler nach der Toilette!
Und deshalb auch dieser Brief, dieser Text an dich, an euch! Ich nehme euch ernst, ich nehme mir Zeit diesen Text zu schreiben. Vielleicht nehmt Ihr beiden mich und diesen Text auch ernst? Dann lest diesen Text -in eurer Freizeit- Überdenkt den Text! Wo habe ich einen Fehler „gedacht“ oder geschrieben?
Eigentlich wollte ich gleich am Samstag antworten, aber … auch bei mir kommt eine Erschöpfung, auch andere Schüler fordern meine Aufmerksamkeit (Vielleicht auch meine Familie?)! Und das ist schon für beide, für Schüler und Lehrer, ein tief versteckter Grund für Missverständnisse.
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Unsere Ziele
Eure Ziele: Die müsst ihr, DAN und TAL, und auch der Rest der Klasse, für euch finden und verfolgen. Vielleicht könnt Ihr beiden ja auch mir (uns in der Schule, den Lehrern, der Schulleitung) mitteilen, welche Ziele Ihr habt?
Und, gleich die zweite Frage: Welche Mühen, welchen Aufwand nehmt Ihr für das Erreichen eurer Ziele in Kauf?
Aber weiter kann ich nicht in eure Gedanken nachforschen! Ob Ihr ehrlich zu euch und mir sein könnt?
Meine Ziele und eure Vorwürfe … DAN, du hast mir am Freitag so etwas ähnliches gesagt, dass ich es genießen würde, „Schüler zu knüppeln“, „Schüler meine Macht“ spüren zu lassen. Dieser Vorwurf ist -sorry- Quatsch!
Richtig ist, ich „battle“ (Rededuell führen) mich gerne mit meinen Schülern!
Aber lieber würde ich von meiner Faszination der Welt, des Lebens oder meiner Faszination der Technik, der Mathematik (ja, die Mathematik kann faszinieren!) berichten. Vielleicht kann ich euch ja auch damit etwas mitgeben? Lieber will ich mit meinen Schülern üben und Fertigkeiten erreichen.
– Aber noch viel lieber sitze ich auf meinem Sofa lese oder sehe fern oder surfe im Internet.-
Oder aber ich sitze am Computer und mache CAD oder ich male oder ich zeichne. Oder … Die Zeit ist immer zu knapp! Ach ja, der Haushalt muss auch noch gestemmt werden.
Das Lernen
Lernen und Sport haben viel gemeinsam! Um etwas gut oder sogar sehr gut zu können muss ich aufpassen, aufnehmen, überdenken und immer wieder nachfragen. Dies ist der erste Schritt, das Verstehen. Aber Verstehen ohne den zweiten Schritt liefert mir keine Erfolge. Der zweite Schritt ist der wichtige und mühselige, das Üben!
Ich muss üben, ich muss wiederholen immer und immer wieder. Wenn ich mir nicht sicher bin, dann muss ich noch einmal nachfragen, wieder zurück, wieder üben. Ohne Trainer geht es (fast) nicht. Dieses Training ist individuell gestaltet. Beim Basketball übt man im Kraftraum um seine Muskeln aufzubauen, auf der Laufbahn um seine Grundschnelligkeit zu verbessern. In Koordinationsübungen werden die Bewegungsabläufe geübt, die Balance wird verbessert, der Wurf wird immer wieder geübt, der Profi lernt sowohl mit rechts als auch mit links zu werfen.
Und dann kommt noch das Mannschaftstraining. Spielzüge werden für alle gemeinsam einstudiert, das Blocken und Abrollen. Das Losdribbeln oder das Loslaufen darf nur zum genau richtigen Moment beginnen, das Timing muss stimmen!
Eigenes, persönliches Lernen und …
Ja, DAN, lernen muss jeder selber, jeder muss entscheiden, wie schnell er lernen will, wie lange er lernen kann. Jeder muss entscheiden, wohin er will, wann er eine Pause machen will oder muss.
Ich habe das an der Tafel mit einer Wanderung verglichen. Viele Schüler und ein Lehrer wollen einen Ausflug machen. Im Zielgebiet gibt es viele Sehenswürdigkeiten. Eine Höhle, ein Aussichtspunkt, ein See, eine Burg, der Gipfel, ein Museum, ein Hotel, eine Kirche – Dies alles Plätze des Wissens oder des Erfahrens. Und jetzt wollen wir in einer beschränkten Zeit, mit unseren eigenen Möglichkeiten, mit unser eigenen Geschwindigkeit loslaufen und möglichst viel mitnehmen.
MOH will zuerst den See besuchen, JAK will zu Beginn zur Burg, du DAN willst am Anfang zum Museum, TAL will erst zum Aussichtspunkt. Ach ja und ich will -mit euch- erst einmal zum Gipfel, damit wir den großen Überblick haben.
Aber ich kann mich ja anpassen! Aber mit wem will ich gehen? Welche Schüler muss ich vernachlässigen? Wer braucht meine Unterstützung und wo braucht welcher Schüler meine Unterstützung? Eigenes, persönliches Lernen benötigt eine Lehrkraft für jeden Schüler! Vielleicht gehen auch zwei oder drei „Schüler“ pro „Lehrkraft“? Das kann dann als „Lern- Familie“ bezeichnet werden. Diese „Lernfamilien“ will und kann sich eine Gesellschaft nicht leisten?! In Ausnahmefällen muss sich die Gesellschaft -der Staat- dieses leisten?! Nicht aber in der Berufsschule!
Gemeinsames Lernen
In der Berufsschule, in der Mittelschule und vielleicht auch in der Grundschule soll in Gruppen -den Klassen- gelernt und gelehrt werden. Damit ist aber auch Schluss mit dem individuellen, mit einem eigenen Lernweg, da müssen alle mit der gleichen Geschwindigkeit vom Gipfel zum Museum. Wir in der BV-N haben die Möglichkeit etwas langsamer zu laufen oder auch etwas länger anzusehen. Hier steht nicht der Schulabschluss im Vordergrund. Hier können wir Rücksicht auf die Mitschüler nehmen, die am Wegrand etwas Interessantes sehen und die anderen Schüler bittet, doch einen Moment geduldig zu warten oder vielleicht auch etwas Neues zu bestaunen?! Habt ihr das schon einmal versucht?
Die Regeln
Und damit sind wir, Ihr Schüler und auch ich als Lehrer, bei einer Vorraussetzung für das Lernen in der Klasse: Wir kommen gemeinsam und wir lernen gemeinsam. Wir sollen oder müssen sogar pünktlich sein. Sind wir unpünktlich, so nehmen wir den anderen Zeit weg, wir, die zu spät kommen, beklauen die Mitschüler?
Und nicht nur die Pünktlichkeit sondern auch das höfliche, respektvolle Verhalten wird bei uns in Regeln aufgeschrieben! Eigentlich eine Selbstverständlichkeit?! Eigentlich … Und das kann immer weiter ausgerollt werden.
Welche Regeln sind für euch, DAN und TAL, MOH und JAK, VIT und SAC, „Wer auch immer“ verpflichtend?
Welche Regeln sind für euch nur nervig?
Unser Zusammenleben
Was passiert, wenn manche sich an Regeln halten und andere nicht? Wer bestimmt Regeln? Wer achtet auf die Einhaltung der Regeln?
Ich bin gestern auf der Niederwerrner Straße mit 55 – 60 km/h nach Hause gefahren. Plötzlich kommt ein Auto mit 70 oder 80 km/h ich war schon etwas angepisst, als der Fahrer sich weiter vorne wieder auf meine Spur reingedrückt hat. Meint denn der, er darf sich alles erlauben? Muss ich bei meiner nächsten Fahrt auch „Arschloch“ sein, auch mit 80 km/h durch die Stadt brettern? Kann nicht jeder einfach sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten?
WIe lässt es sich besser zusammenleben? Jeder macht sich seine eigenen Regeln? Jeder hält sich nur an die Regeln die er für wichtig hält?